Margaret Menamin
USA
ZaunköniG
Hexenring
Der Boden ist nicht gut, betritt ihn nicht.
Der Wanderer verstummt, der ihn passiert
und jedes Kind die Fröhlichkeit verliert
an diesen kranken Bäumen. Niemals sprich
laut unter diesem bleichen Mond und weiche
dem Flecken aus, wo nachts Dämonen tanzen
bis zur Erschöpfung, bis im Morgenglanz
zurück sie scheuen in das Totenreich.
Dies ist ein Hexenring, man sagt, daß tief
in seiner Mitte eine Seele schliefe;
Ein Mann ohne Erinnerung spricht Wort
um Wort von Dingen ohne eignen Ort.
Man sagt, daß früher, als er noch ein Junge,
versiegelte der Teufel seine Zunge.
Der lahme Junge von
Hameln
Ich suchte, ihm zu folgen; sanfter Zwang
von etwas, das nicht wir, noch er wohl hörten.
Aus fremden Melodien, die uns betörten
kam uns ein Wing, ein Ruf ganz ohne Klang
zum Tanz. Ich fiel. - Zu schwach um aufzustehen
mit meinen Krücken, reckt' ich meine Hand,
schluchzt' einen Fluch, den ich noch nicht verstand
und sah sie unaufhaltsam weitergehen.
Allein und steif in meinen Altersjahren,
bin ich nun kinderlos, die Freunde tot,
daran gewöhnt, schon früh zu Bett zu gehen;
hab nie die Liebe einer Frau erfahren,
erinnernd was ich seinerzeit gedroht:
"O Nimmer möchte ich euch wieder sehen!"
Brief an den Weihnachtsmann
Ich warne Dich, behalte Deine Gaben!
Ich will die widerliche Erdnussbutter,
das mufig ranzige Studentenfutter,
die harten Pflastersteine gar nicht haben.
Den Stinkekäse will ich mir verbeten;
Für Essig, lieblos ausgesucht und billig,
der Cabernet sein möchte, wär ich willig
dir vor dein väterliches Knie zu treten.
Vergiß den Nippes für den Weihnachtsbaum:
Ich werd ihn Gottes Willen anbefehlen.
Aromakerzen, die die Nase quälen
verpesten bis Dreikönige den Raum...
Ich sag Dir was: Komm nur mit Deinem Beutel
und nimm den Plunder mit, am besten heute.
Sein Heil vertraut er Gurt und
Seilen an,
pfeift Dixie über unsern
Köpfen, oben
auf schmalem Brett, die
Schwerkraft aufgehoben.
Er achtet nicht den
schwindeligen Plan,
die Straßen, die sich ihm zu
Füßen ziehn.
Mal hat er frei, weil
Regenwetter ist,
mal weil es stürmt: da
schaukelt das Gerüst.
Wie Wodka schießt in ihn
Adrenalin,
hört er von losem Mauerwerk
Geschichten...
Die Wolkenplaudereien mag er
leiden,
er mag's auch, wenn er mit den
Vögeln spricht;
den Blick nach unten sucht er
zu vermeiden.
Stellt er sich vor, wie unten
gelbe Kreide
hart seinen Umriß zeichnet,
wird ihm schlecht.
Der Feuerwehrmann
Von seinen ersten Stiften hat
er Rot
zu aller erst zu stump gemalt.
So sehr
mocht er die Helme bei der
Feuerwehr,
den Löschzug, das Rundumlicht
mit dem Spot,
die heulenden Sirenen. Wie
Odysseus
folgt er fatalem Ruf, doch
keine Flut
reißt ihn hinfort: Es ist die
Flammenglut
der Brandruinen, die ihn leckt
wie Küsse
und lechzt nach seiner Haut. Es
kracht im Haus,
die grüne Welt versinkt ihm
Scheit für Scheit
und manches Paradies aus alter
Zeit.
Die Kinder haben wir, Mike.
Nichts wie raus!
Sein Mund formt ein Gebet im
Feuerglanz,
Die Flammen reichen ihm die
Hand zum Tanz
Wie der Sommer
Du kamst, wie auch der Sommer
kam: Er brach
mir blühend in den Weinhang.
Mählich spürte
ich deinen Duft an meinen Mund
geführt
und flehen deine Sanftheit, eh
sie stach.
Mir hingen andre Sommer noch am
Gaumen,
die ihren schweren Nachlaß just
verschwenden,
bevor sich dies Jahr neue
Tropfen fänden,
die spritzig jung und fruchtig
überschäumen.
Du gingst auch mit dem Sommer,
hinterläßt
Aroma, das noch auf der Zunge
liegt,
so zart und flüchtig wie
Champagner und
leicht herb, das etwas brennt
und das sich schmiegt.
Ich ließ dich ziehn, wie man
die Vögel läßt
und heb ein leeres Glas an
meinen Mund.
Was schrubbt sie jede Nacht und
alle Tage?
In kurzen Intervallen bricht
von Chlor
die scharfe Aggressivität
hervor,
sticht wie ein Küchenmesser.
Welche Klage
erweckt den Dunst, der ständig
steigt in meine
Nase? Ist dort eine unbekannte,
doch niemals auslöschbare
Schande,
der niemands Kniefall widergibt
die Reine?
Jetzt, zwischen Morgengrau und
Mitternacht
erwache ich durch ein Aroma
jäh:
Duft frischen Kaffees zieht zu
mir ins Zimmer.
Seit Mai nutzt' ich den
Kaffebecher nimmer. -
Ob sie mir wohl erlaubt, da ich
erwacht,
daß ich zu ihr komm' auf'n
Schluck Kaffeé?
Es war noch nie geschehn, was
heut geschieht.
Die Hexe wird die Wiege nun
erreichen.
Sie klopft drei mal, singt ein
geheimes Lied
und auf der Kindesstirn verbleibt
ein Zeichen.
Die Jahre gehen hin und Papa
buhlt
um blöde Wetten, gibt beim
Rennen Gas.
Dem Mädchen lockt das Haar und
Mama schult
die Ausgesiebten bei der
Caritas.
Ein Freierschwarm umschwirrt
das blonde Wunder;
Sie strecken, angelockt, die
Fühler aus.
Es interessieren sich wohl mehr
als hundert;
Zum Tor wirft Vater
neunundneunzig raus.
Wer kommt bei Papas Princess
doch ans Ziel?
Der Prinz ist ein verkleidetes
Reptil.